Besoldungs-Proteste in den Ländern

In immer mehr Bundesländern brodelt es in der Justiz, weil die Besoldung der Richter und Staatsanwälte weit hinter einer amtsangemessenen Bezahlung zurückbleibt.

 

So hat der Hamburgische Richterverein mit einer Unterschriftenaktion unter der Überschrift „Nach­haltige Stärkung des Rechtsstaats: Amtsangemessene Besoldung jetzt! – Schluss mit den jahrelangen Verfassungsverstößen!“ auf die prekäre Lage der Justiz aufmerksam gemacht. Zwei Drittel aller Hamburger Justizjuristen haben sich der Forderung nach einem energischen Kurswechsel in der Besoldungspolitik angeschlossen. Ausschlaggebend für die Aktion waren zahlreiche Rückmeldungen von Kolleginnen und Kollegen aus der Hamburger Justiz. Bei ihnen herrscht große Unzufriedenheit mit der Besoldungspolitik der Freien und Hansestadt Hamburg. Die Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Mai 2020 haben nicht zu einem Umdenken geführt. Im Gegenteil, mit dem Entwurf eines Hamburger Besoldungsstrukturgesetzes solle die vierköpfige Doppelverdiener-Familie als neue Bezugsgröße festgelegt werden, um die bestehende Unteralimentation zu rechtfertigen, kritisiert der Richterverein. Die Landesregierung verschließe die Augen vor der Tatsache, dass mit dem Gehalt eines Richters der Eingangsstufe R1 in Hamburg niemand eine Familie unterhalten, Wohneigentum erwerben oder auch nur halbwegs sorgenfrei leben könne. Die Stellungnahmen und Warnungen aus der Richterschaft seien im Lichte vermeintlicher fiskalischer Zwänge seit Jahren auf taube Ohren gestoßen. Zugleich werde auch in Hamburg die Nachwuchsgewinnung trotz vielfältiger Rekrutierungsmaßnahmen immer schwieriger. Der Richterverein fordert mit seiner Unterschriftenaktion konkret eine Erhöhung der monatlichen R-Besoldung um 2000 Euro. Das entspräche im Einstiegsamt auf der Stufe R1 in Hamburg einer Steigerung von über 40 Prozent, was die Besoldung in etwa auf eine Stufe mit Prädikatsjuristen in Unternehmen heben würde. Die Unterschriftenlisten sind dem Senator und Präses der Finanzbehörde Andreas Dressel (SPD) persönlich übergeben worden. Dressel ist Verhandlungsführer der Länder bei den derzeitigen Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst.

 

In Brandburg wächst ebenfalls der Unmut in der Justiz. Der Landesverband des DRB hat sich in einem offenen Brief Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange (SPD) und Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) sowie an die rechtspolitischen Sprecher der Fraktionen im Landtag gewendet, um auf den dringenden Handlungsbedarf aufmerksam zu machen. Der Dienst in der Staatsanwaltschaft und den Gerichten sei für Absolventen völlig unattraktiv geworden, warnt der DRB-Landesverband Brandenburg. Spürbare finanzielle Anreize seien dringend nötig. So müssten die Grundbezüge für Richter und Staatsanwälte um mindestens 25 Prozent erhöht werden - also um etwa 1200 Euro monatlich für Berufsanfänger, fordert der Verband. Auch die Bundesbehörden in Berlin sowie die dortigen Landesbehörden zahlten für juristisches Personal besser als Brandenburg. Dabei sei der Bedarf an juristischem Nachwuchs gewaltig. 450 der 1100 aktiven Richter und Staatsanwälte im Land gehen bis 2032 in den Ruhestand. Das Brandenburger Justizministerium wiegelt bislang allerdings ab: Im Bereich des richterlichen und staatsanwaltschaftlichen Dienstes seien in der Justiz Brandenburgs keine Nachwuchsprobleme festzustellen. „Der große Fehler war, die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten im Rahmen der Föderalismusreform auf die Länder zu übertragen“, sagt Justizministerin Hoffmann. Das gelte es zu korrigieren, um eine unnötige Konkurrenzsituation zu beenden.

 

Auch in Schleswig-Holstein sind Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte öffentlich für eine amtsangemessene Besoldung eingetreten. Zusammen mit dem dbb beamtenbund und tarifunion haben sie das Ende der Blockadehaltung der Landesregierung bei den Tarifverhandlungen gefordert. Im Regierungsviertel haben sie ihren Unmut darüber geäußert, dass die aktuelle R-Besoldung in Schleswig-Holstein weder den verantwortungsvollen Aufgaben noch der Bedeutung der Ämter sowie den Qualifikationen gerecht werde. „Ein starker und funktionierender Rechtsstaat setzt eine effektive Strafverfolgung und leistungsfähige Gerichte voraus. Dafür brauchen wir Arbeitsplätze mit konkurrenzfähiger Bezahlung“, sagte die DRB-Landesvorsitzende Christine Schmehl in ihrer Rede. Die ständige Knauserei bei den Gehältern führe dazu, dass die Kolleginnen und Kollegen im Vergleich zu anderen qualifizierten Juristen immer weiter abgehängt würden. Mit Blick darauf, dass die Arbeitsbelastung weiter steige, die Schere zwischen Last und Lohn immer weiter auseinanderdrifte und seit mittlerweile 15 Jahren keine befriedigende Lösung in Sicht sei, steige die Wut und Verzweiflung, so Schmehl.

Auch die Einigung der Gewerkschaften und Arbeitgeber bei den Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst der Länder werde der Situation nicht ausreichend gerecht. „Abgesehen von dem niedrigen Gesamtvolumen der einzelnen Komponenten, welches nicht einmal für einen Reallohnausgleich sorgt, würde sich bei einer Übertragung des Ergebnisses auf die Richter- und Beamtenschaft die Frage der Verfassungswidrigkeit der Besoldung verschärfen“, sagte Schmehl. Dies gelte insbesondere hinsichtlich des Abstandsgebots. Durch den für alle Besoldungsgruppen in gleicher Höhe vorgesehenen Tabellensockel und die Einmalzahlungen würde sich der Abstand noch weiter reduzieren. „Vor allem ist aber die Gesamtalimentation nach den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien weiterhin nicht amtsangemessen.“

 

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Bild von Matthias Schröter Matthias Schröter Pressesprecher
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